Fragen Sie die Experten: 17 FAQs zur Wasseraufbereitung mit Chlordioxid

Chlordioxid ist ein wirksames und beliebtes Verfahren zur Wasseraufbereitung. In Wasser aufgelöst, bildet es ein starkes, aber gleichzeitig selektives Oxidationsmittel, Biozid und Desinfektionsmittel, das sowohl für die Trinkwasseraufbereitung als auch für gewerbliche Anwendungen eingesetzt wird.

Aufgrund der eingesetzten klassischen Chemikalien, des Herstellungsverfahrens und der Anforderungen an die Bevorratung von Chlordioxid gibt es jedoch auch Einschränkungen, die im Folgenden erläutert werden.


Um die Möglichkeiten und Einschränkungen zu verstehen, haben wir unsere Expertinnen und Experten gebeten, die 17 häufigsten Fragen zum Thema Chlordioxid zu beantworten.

 

  1. Warum wird Chlordioxid bei der Wasseraufbereitung verwendet?

Chlordioxid (ClO2) wird in der Wasseraufbereitung eingesetzt, weil es ein wirksames Oxidationsmittel, Biozid und Desinfektionsmittel in relativ niedrigen Konzentrationen ist. Außerdem ist die Reaktivität mit organischen Stoffen sehr gering und es entstehen während der Wasseraufbereitung nur wenige Nebenprodukte.

Chlordioxid kann wirksam Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen im Wasser abtöten ohne selber mit Wasser zu reagieren. Dies trägt dazu bei, die Ausbreitung von durch Wasser übertragene Krankheiten zu verhindern. Chlordioxid liegt als gelöstes Gas in einer Lösung vor, ist etwa zehnmal besser löslich als Chlor und kann durch Belüftung wieder entfernt werden. Diese Wirksamkeit in Verbindung mit der sicheren Anwendung macht es zu einer attraktiven Option für die Wasseraufbereitung.[i]

  1. Wann empfiehlt sich Chlordioxid für die Desinfektion?

ClO2 ist ein Desinfektionsmittel, das vor allem in Systemen mit an Oberflächen assoziierten Keimen und Biofilmen eingesetzt wird. Chlordioxid beseitigt Biofilme und inaktiviert Keime durch Zerstörung der Zellwände. Außerdem ist die Oxidations- und Desinfektionsleistung von ClO2 weitgehend unabhängig vom pH-Wert des Wassers. ClO2 kann in Wasser mit einem pH-Wert von 6 bis 9 effektiv eingesetzt werden.[ii]

  1. Ist Chlordioxid für die Wasseraufbereitung ein sicheres Mittel?  

Chlordioxid ist eine sichere Form der Wasseraufbereitung. Es wird in verschiedenen Bereichen eingesetzt, unter anderem bei der Aufbereitung von Trinkwasser.

Die US-Umweltschutzbehörde (EPA) hat die zulässige Höchstkonzentration von Chlordioxid im Trinkwasser auf 0,8 parts per million (ppm) festgelegt. Die Occupational Safety and Health Administration (OSHA), eine Behörde des US-Arbeitsministeriums, hat für Personen, die mit Chlordioxid in Kontakt kommen, einen 8-Stunden-Expositionsgrenzwert von 0,1 ppm in der Luft (0,3 mg/m3) festgelegt.[iii]

Die EU-Richtlinie 98/83/EG legt den Grenzwert für die Anwendung von Chlordioxid auf nur 0,2 ppm fest. Aufgrund dieser geringen Zugabemenge liegen die DNP-Werte mit 0,2 ppm für Chlorit und 0,25 ppm für Chlorat auf einem sehr niedrigen Niveau (DNP: Desinfektionsnebenprodukte).

 

  1. Was ist der Unterschied zwischen ClO2 und Chlor?

Chlordioxid (ClO2) ist eine Verbindung, die aus einem Chlor-Atom und zwei Sauerstoffatomen besteht. Chlor und Chlordioxid sind beides Oxidationsmittel, das heißt, sie entziehen anderen Verbindungen während einer chemischen Reaktion Elektronen. Doch während Chlor zwei Elektronen aufnehmen kann, hat Chlordioxid die Fähigkeit, in stark saurem Milieu fünf Elektronen aufzunehmen. Im neutralen Milieu, wie z. B. in Schwimmbädern und Trinkwasser, nimmt ClO2 nur ein Elektron auf.

Chlordioxid reagiert außerdem nicht mit vielen organischen Verbindungen, d. h. es entstehen keine chlorierten organischen Verbindungen, die schädlich für die Umwelt sein können.

  1. Ist ClO2 korrosiv?

Wird Chlordioxid in den für die Desinfektion erforderlichen Konzentrationen verwendet, ohne dass es sich in den Anlagen anreichert, wirkt Chlordioxid nur minimal korrosiv. Chlordioxid ist in Wasser etwa zehnmal besser löslich als Chlor,[iv] . Es gibt sichere Verfahren zur Herstellung von Chlordioxid, so dass die korrosiven Auswirkungen bei der Verwendung von Chlordioxid zur Aufbereitung sehr gering sind.

 

  1. Kann ClO2 zur Reduzierung von Biofilmen in Pipelines beitragen?

 ClO2 beseitigt Biofilme und hilft dabei, sie einzudämmen. Auf diese Weise trägt es indirekt zum Korrosionsschutz von Stahl bei.

 

  1. Wie reaktiv und effizient ist ClO2?

Chlordioxid ist aufgrund seiner Oxidationsfähigkeit bei niedrigen Konzentrationen als wirksames Verfahren zur Wasseraufbereitung bekannt. Es wirkt insbesondere, indem sich das gelöste Gas an Grenzflächen anreichert, dort, wo Mikroorganismen ihre idealen Überlebensbedingungen finden.

Die hohe Wirksamkeit von Chlordioxid bei niedrigen Konzentrationen im Vergleich zu anderen Desinfektionsmitteln wird deutlich, wenn man seine Kontaktzeit mit denen anderer Chlorungschemikalien vergleicht.

 

  1. Wie wird ClO2 hergestellt?

Für die Wasseraufbereitung wird Chlordioxid in der Regel direkt vor Ort hergestellt, und zwar mit Verfahren zur Herstellung von wässrigen Lösungen. Es gibt vier gängige Herstellungsmethoden:

 

  1. Die Natriumchlorit-Chlor oder die Natriumchlorit-Hypochlorit-Methode:
    2 NaClO2 + 2 HCl + NaOCl → 2 ClO2 + 3 NaCl + H2O
  2. Die Natriumchlorit-Salzsäure-Methode:
    5 NaClO2 + 4 HCl → 5 NaCl + 4 ClO2 + 2 H2O
  3. Die Chlorit-Schwefelsäure-Methode:
    4 ClO−2 + 2 H2SO4 → 2 ClO2 + HClO3 + 2 SO2−4 + H2O + HCl
  4. Die Chlorit-Persulfat-Methode:
    2 NaClO2 + Na2S2O8 → 2 ClO2 + 2 Na2SO4    

 

Die mit diesen Methoden erzeugte Chlordioxidkonzentration schwankt zwischen 1 und 3 g/l. Während die Methoden a., b. und c. für die Desinfektion von kommunalem Trinkwasser verwendet werden, ist die Methode d. bisher auf die Desinfektion von Leitungen und Behältern beschränkt, da sie eine sehr lange Einwirkungszeit für die vollständige Umwandlung der Vorläuferstoffe, der Präkursoren, in Chlordioxid erfordert.

 

  1. Ist ClO2 teuer?

Je nach Preis der Vorläuferstoffe und des eingesetzten Verfahrens (in der Regel Säure-Chlorit oder Chlor-Chlorit), ist Chlordioxid im Vergleich zu Chlor zwischen fünf und zehn Mal teurer. Da Chlordioxid im Vergleich zu Chlor bei hohen pH-Werten und bei Biofilmen wirksamer ist, setzen Betreiber in diesen Fällen bevorzugt Chlordioxid ein.

 

  1. Ist ClO2 giftig und kann es sicher gelagert werden?

Chlordioxid kann nicht als Gas gelagert werden, da bei Konzentrationen über 10 % oder unter Druck die Gefahr einer Explosion durch Selbstzersetzung besteht.[v]

Bei längerer Lagerung bildet Chlordioxid vor allem das Nebenprodukt Chlorit, das am Ende zu Chlorat wird. Eine Dissoziation in Chlor und Sauerstoff findet nur in der Gasphase statt.
Aus diesen Gründen wird Chlordioxid als Lösung in Konzentrationen von etwa 0,3 % ClO2 (3 g/l) gelagert und ist vor Licht und Wärme zu schützen. Unter diesen Bedingungen ist Chlordioxid stabil und löslich.  

 

  1. Kann ich ClO2 direkt vor Ort herstellen?

Chlordioxid wird in der Regel vor Ort mit einer der in Frage 8 genannten Herstellungsverfahren oder mit Hilfe einer von den Lieferanten bereitgestellten Erzeugungsanlage hergestellt.

 

  1. Belastet die Nutzung von ClO2 die Umwelt?

Chlordioxid gilt als umweltschädlich. Allerdings verbleibt Chlordioxid nicht lange in der Luft, im Wasser oder im Boden: in der Luft bis zu ein paar Minuten und im Wasser oder Boden bis zu ein paar Stunden.

Aufgrund seiner Reaktivität wird Chlordioxid in der Atmosphäre schnell photolytisch abgebaut. Es hat eine troposphärische Halbwertszeit von nur wenigen Sekunden und wird in natürlichen Gewässern oder Gewässern mit mäßigem Gehalt an organischen Stoffen schnell abgebaut.

Chlordioxid wird in das Zwischenprodukt Chlorit und das Endprodukt Chlorat umgewandelt. Der Chloratgehalt kann durch den richtigen Einsatz von ClO2 minimiert werden – siehe Frage 15.

 

  1. Für welche Anwendungen wird ClO2 am häufigsten zur Wasserdesinfektion eingesetzt?

CIO2 wird in der Wasseraufbereitung vor allem in den Bereichen Trinkwasser, Schwimmbäder und Wasserparks, Lebensmittel- und Getränkeherstellung, Kühltürme, Nutzwasser und Abwässer eingesetzt.    

 

  1. Wie effizient ist ClO2 im Vergleich zu Chlor, Hypochlorit und Ozon?

ClO2 ist ein relativ mildes Oxidationsmittel mit einem niedrigen Redoxpotential im Vergleich zu hypochloriger Säure. Es oxidiert im Gegensatz zu Chlor und Hypochloriten organische Wasserinhaltsstoffe ohne chlorierte Desinfektionsnebenprodukte, einschließlich Trihalogenmethane (THM), zu erzeugen.
Darüber hinaus hat es eine ausgezeichnete Depotwirkung in gereinigtem Wasser, während Ozon durch Eigenzersetzung abgebaut wird. Wenn Ozon nicht mehr vorhanden ist, beschleunigt sich die Vermehrung der Keime, was beim längerlebigen Chlordioxid nicht der Fall ist.

  1. Wie kann ich das Problem mit Chlorat beim Einsatz von ClO2 lösen?

Wenn ClO2 mit Wasserbestandteilen interagiert und sich in die Ausgangslösungen zersetzt, entsteht Chlorat. Die Chloratbildung kann durch eine sorgfältige Auswahl des Herstellungsprozesses (Charge/Batch oder Inline) und die Auslegung des Systems - Größe der Bereitungsanlage, Größe des Dosiersystems und Größe des Batchtanks – minimiert werden.

Chlordioxid hat sich als leistungsstarkes Desinfektions- und Oxidationsmittel erwiesen, das im Vergleich zu anderen gängigen Desinfektionsmitteln weniger Rückstände aufweist. Aufgrund der geringen Reaktivität mit organischen Verbindungen minimiert ClO2 auch chlorierte organische Verbindungen im Aufbereitungsprozess, was bedeutet, dass es sich optimal für die Aufbereitung von Kühltürmen eignet.

  1. Wann empfiehlt sich das Chlorit-Chlor-Verfahren?

Das Chlor-Chlorit-Verfahren ist 20 % effektiver als das Säure-Chlorit-Verfahren, wenn man die chemische Zusammensetzung bei der Bereitung berücksichtigt – siehe Frage 8, Verfahren 1 und 2. Außerdem sind Natriumchlorit und Salzsäure teure Chemikalien. Für Großanwendungen wie Kühlkreisläufe und große Trinkwasseraufbereitungsanlagen wird empfohlen, das kostengünstigste -Chlor- Chlorit - Erzeugungsverfahren einzusetzen.

  1. Ist es nicht besser, ClO2 aus einem einzigen Ausgangsstoff zu verwenden?

Es gibt kein Verfahren, das ClO2 in einer bestimmten Konzentration und Menge aus nur einem Ausgangsstoff liefert (in der Regel ist der Ausgangsstoff Natriumchlorit und manchmal Natriumchlorat). Die Ausgangsstoffe müssen aktiviert und durch Ansäuern oder durch Oxidation, in der Regel mit Chlor, in ClO2 umgewandelt werden.

Weitere Informationen und unser gesamtes Angebot an Optionen finden Sie hier

 

 [i] Chlorine Dioxide Disinfection in the Use of Individual Water Purification Devices, USACCHPM, TIP Technical Information Paper #31-007-0306  [iii] Stage 1 Disinfectants and Disinfection Byproducts Rule (Stage 1 DBPR) 63 FR 69390, December 16, 1998, Vol. 63, No. 241 Stage 2 Disinfectants and Disinfection Byproducts Rule (Stage 2 DBPR) 71 FR 388, January 4, 2006, Vol. 71 [v] Bohner, Bradley (1993): Corrosivity of Chlorine Dioxide used as Sanitizer in Ultrafiltration Systems, pp. 3348-3352Journal of Diary Science, Vol. 74, No. 10, 1991[vi] New Jersey Department of Health and Senior Services (2005) Hazardous Substance Fact Sheet: Chlorine Dioxide